Skip to content Skip to main navigation Skip to footer

Die Geschichte der Besiedlung unserer engeren Heimat

Vorgeschichte

Wir können bei der Darlegung der Siedlungsgeschichte des ehemaligen Kirchspiels ALTENRÜTHEN den Forschungen folgen, die Dr. Franz Viegener, Rüthen, in seinem umfangreichen Werk „ Die Waldmastgenossenschaften der Stadt Rüthen“ niedergelegt hat.

Zu Beginn der christlichen Zeitrechnung war das Flußgebiet der oberen Möhne noch ein zusammenhängender, mächitger und kaum durchdringlicher Urwald, der nur von einer römischen Heerstraße durchquert war. Reste dieses Urwaldes, des herzynischen Waldes sind der heutige Arnsberger Wald und seine östliche Fortsetzung: der ESTERWALD, der ungefähr die Bezirke der heutigen kommunalen Wälder von Rüthen, Altenrüthen, Meiste, Suttrop, Kallenhardt, Belecke und Warstein umfasst.

Die Römer waren die ersten, die mit diesem Urwald Bekanntschaft machten. Bereits im Jahre 11v. Chr. war es den vereinten Germanenstämmen, die an diesem Grenzwald wohnten, gelungen, das Heer des Drusus, des Bruders des römischen Kaisers Tiberius, auf seinem Rückzug von der Weser hierher in einen Hinterhalt zu locken und es bei ARBALO empfindlich zu schlagen. Auf dieses Arbalo werden wir in diesen Darlegungen noch oft stossen. Das Römerlager von Kneblinghausen darf hiemit nich verwechstelt werden. Es stammt aud einer späteren Anwesenheit der Römer in unserem Heimatraum und dürfte wohl nur für kurze Zeit angelegt worden sein. Das eigentliche Aufmarschgebiet der Römer lag längst der Lippe und bildete für lange Zeit einen für die vordringenden Germanenstämme unüberwindlichen Sperriegel.

Das nördlich der Möhne am Haarstrang ein riesiger Wald der fortschreitenden Besiedlung zum Opfer gefallen sein muss, beweisen die Namen vieler Orte in diesem Bereich. Die Grundbedeutung des Namens RUOTHINO, Ruethe, Ruden ist nur als eine „Rodung im Urwald“ zu erklären. MENZEL und EFFELN, früher Menselo und Effelo, sind eben Siedlungen im lo, Loh, im Wald. Bei Effeln finden wir ein Flurstück „im Lon“, bei Menzel ein „Rokeslo“ und bei Kellinghausen ein „Gänselo“. Nach Urkunden im Rüthener Stadtarchiv von 1597 wurde dort noch ein Busch „ardlo“ genannt. Langenstrasse, früher Langenstrod, -strud, hat seinen Namen von strod, strud = Wald, Busch. Die Bezeichnung „HAAR“ selbst bedeutet: bewaldeter Höhenzug.

In dem Maße, in dem der Urwald der Besiedlung gewichen war, wurde der alte Name gegenstandslos und die Endung –wald durch die Endung –felt, -feld ersetzt.So kann das Arpesfelt, Arpesfeld nur aus einem früheren Arpesloh, Arpeswald = ARBALO entstanden sein. Arbalo ist der – aud der Ferne gesehen – dunkel, bräunlich erscheinende Wald.

Das geschichtliche ARBALO lag auf dem Arpesfelde im Erwitter Oberlande an der Haar, am heute noch so genannten „großen Römerberg“ zwischen Nettelstädt und Hoinkhausen, der Gau Arpesfeld im Rüthener Raum. Arbalo ist wohl der älteste Name für unsere Heimat und dürfte von den Bewohnern der Lippeniederungen, den Brukterern, geprägt sein.

Die Geschichte der Besiedelung

Fachleute sind der Ansicht, Sachsen seien die ersten Siedler im Esterwald und Arbalo gewesen; das beweise die Art des Besiedlungsvorganges. An den Abhängen der Haar zum Möhnetal hin erfolgte die erste Anlage der Siedlungen. Dort fanden sich jene leichten, lockeren Böden, die zuerst unter Hacke und Pflug genommen wurden.

Nach der Besiegung der Brukterer zu Anfang des 8. Jahrhunderts scheinen die Sachsen zunächst neben diesen ihre Wohngebiete eingenommen zu haben. Die Sippen, die bei der Verteilung des Grund und Bodens leer ausgingen, mußten sich Neuland, d.h. ungerodetes Land suchen. So hat auch der sächsische – vielleicht mit Brukterern vermischte – Sippenverband sich hier am Haarstrang durch Ausrodung des Urwalds neue Wohnsitze und anbaufähiges Ackerland schaffen müssen. Die erste Verteilung von Grund und Boden ging von den Urdörfern (lat. Vicus) aus.

Der Anfang der Besiedlung unserer Heimat war nach dem angelsächsischen (Kirchen-) Geschichtsschreiber Beda Venerabilis die Zeit, kurz nachdem der hl. Suibertus den Brukterern das Evangelium gepredigt hatte, d.h. kurz nach 700 n. Chr. Die führende Sippe einer wandernden sächsischen Gemeindschaft ließ sich an der südlichen Haar, an der Stelle des heutigen ALTENRÜTHEN, zwischen Esterwald und ARBALO nieder. Sie nahm die erste Rohdung vor und nannte die dort entstandene Siedlung Ruethe, Ruthino, später auch noch Ruethine, Rudin, Ruden Ruthen, Rüthen. Alle diese Beschreibungen gehen zurück auf das Zeitwort: reuten, rotten, roden = ausroden

Ruden war das Urdorf. Es hat darum seine dominierende Stellung inmitten aller übrigen, von hier ausgegangenen Ortschaften bis zur Gründung der Festungsstadt RUDEN = Rüthen beibehalten. In kirchlicher Hinsicht dauerte dieser Vorgang noch viele Jahrhunderte länger.

Von Ruden aus bekamen die übrigen Sippen ihre Niederlassungsbezirke zugewiesen: Südlich von Ruden entstand SUTTORPE, das heutige Suttrop, das Süd – Dorf. Es gehörte unzweifelhaft zu den ältesten Siedlungen, zumal sich hier die alte dreiteilung noch nachweisen lässt. Östlich von Suttorpe, nördlich nördlich von dem heutigen Kallenhardt, wurde OSTERVELDE angelegt.

Hoster-, Ostervelde, Osterfelde wird im Zusammenhang stehen mit dem Esterwalde. Ähnlich wie der gerodete Arbalo Arpesfeld genannt wurde, nannte man die Siedlung, die auf das Süddorf im Esterwalde folgte, nach dem Esterwalde Ester,- Hoster-, Osterfelde. Beziehungen zum Süddorf können nicht vorliegen, da die Siedlungen als von Ruden aus verteilt zu denken sind.Im Osten von Ruden lag Osterfelde auch nicht; in dem Falle würde es Ostdorf genannt worden sein. Die Endung „-feld“ zeigt also für die Namendeutung den richtigen Weg an. Südlich von Osterfelde lag die kahle oder kalte Hardt, die der späteren Stadt den Namen gab.

Der westlich von Suttorpe zur Möhne hin fließende Bach führte den Namen Wester (Wäster), und weiter westlich an der Haar liegt WESTENDORF. Wenn auch dies Westerentorpe weiter abliegt, so muss es doch zu den ältesten Ortschaften gezählt werden. Heute zwar ist es ein kleines Dorf, früher aber hatte es eine größere Bedeutung als die benachbarten Orte. Westerentorpe war der Sitz einer alten Freigrafschaft, die nach den ältesten Orten benannt wurden. Außerdem liegt es von dem noch zu nennenden Badelich in dem überall gleichen Urdorfabstand. Die benachbarte Freigrafschaft Körbecke gehörte zum nördlichen Teil des Lürwaldes. Somit kann Westerentorpe nur zum Esterwald gerechnet werden.

Zu diesen ersten Urdörfern des Ersterwaldes gehörte auch MEISTE, früher MISTE. Dieser Name wird von marsch, mersch = Sumpf, Marsch-, Weideland abgeleitet. Eine alte Flurbezeichnung nördlich von Meiste – Miste lautet tatsächlich Roßmarsch.

Ferner müssen wir hierher auch BELECKE, WARSTEIN und vielleicht auch ODACKER rechnen.

Belecke ist das alte Badelecca, Badelike, Badiliki, Badelich. Schon Kaiser Otto hielt sich hier des öfteren auf. Wahrscheinlich veranlasste ihn zu diesem Aufenthalt die dortige bis in die neuere Zeit bekannte heilkräftige Quelle, nach welcher auch der Ort benannt ist. Badelecca war die Niederlassung an einer Quelle, wo heilkräftiges Badewasser aus der Erde hervorsickerte. Das Badehaus mit der „Capella ad balneas“ = Kapelle beim Badehaus findet sich noch auf einer alten Karte von 1630 eingezeichnet. Das alte Badelecca lag vielleicht am Fuße des Berges, auf dem sich die heutige Stadt Belecke befindet.

Warstein hieß ehedem Wersteine, Wostene, Wasten. Die Siedlung war angelegt weiter im Urwald, in der wöste, in der Wüstenei. Das auch Odacker zu diesen Urdörfern gehörte, dafür bürgt die allgemeine Bezeichnungsweise nicht. Die Bezeichnung für Warstein wird dadurch allerdings glaubhafter.

Die genannten Urdörfer befanden sich in einem größeren Gebirgskessel um das obere Möhnetal, eingeschlossen von den bewaldeten Höhen der Haar im südlichen Arbalo und den Höhen des Ester – und Lürwaldes. Der eine Teil der Siedlungen: Meiste, Rüthen, Belecke und Westendorf lag zwischen Möhne und Haar an den Hängen; der andere Teil war in den Esterwald vorgeschoben: Hosterfelde, Suttorpe, Wostene und Odacker. Die beiden letzteren weisen, wie schon erwähnt, inbesondere hin auf die Anlage in der Wildnis, in der Einöde. Mit Westerentorpe scheint das Siedlungsgebiet den westlichen Abschluß gefunden zu haben.

Das älteste Siedlungsgebiet lag also direkt südlich der Haar. Im Verhältnis zueinander befanden sich die Urdörfer sämtlich in einer annähernd gleichen Entfernung von etwa einer Stunde Weges. In ihrer Gesamtheit bildeten die Siedlungen eine Einheit.

Mittelpunkt dieser Einheit war Rüden, Ruthino (=Altenrüthen). Dies geht einmal aus der späteren überragenden Stellung dieses Dorfes hervor. Die Gerichtsbezirke, Go – wie Freigericht, sind danach benannt. Außerdem könnte hier das Zentrum des heidnischen Götterkultes gewesen sein. Zur Überwindung des Heidentums wurden gerne an solchen Orten die ersten christlichen Kirchen errichtet. Nach Viegener wurden auch später bei Gründung von Pfarreien solche Orte beim Bau der Pfarrkirchen bevorzugt.

Für Ruthino als für die Heiden heiliger Ort spricht aich die Tatsache, daß sich gerade in seiner Nähe – wie auch bei vielen anderen vici = Urdörfern – heilige Haine mit Donareichen befunden haben. An die Stelle des germanische Gottes DONAR wurde von den christlichen Missionaren der hl. Apostel Johannes, der „Donnersohn“, gesetzt.

Westlich von Ruthino stand eine „Johanneseiche“, ebenso südlich von Meiste am Waldesrand. Auch südlich von Suttrop soll es eine heilige Eiche gegeben haben. Diese Johanneseichen waren Grenzbäume. Auf heilige Haine dagegen kann die Bezeichnung in der Feldflur „Teufelssiepen“ hinweisen, wie sie im Raum von Ruthino und Osterfelde, d.h. Kallenhardt, noch mehrfach vorkommt. Später sind die St. Johanneseichen auf den Grenzen vermerkt worden. Da ist ein Beweis dafür, daß die Urdörfer bereits in heidnischer Zeit abgemarktet gewesen waren, d.h. ihre Feld – und Waldflur war genau festgelegt und Ausbauten waren schon vorgenommen, ehe das Christentum Eingang gefunden hatte.

Zurück zum Anfang